Ein Blickwechsel bedeutet eine neue Perspektive. Es kann sehr unterschiedlich sein, ob ich eine Kreuzung als Fußgänger oder als Autofahrer überquere. Ob ich im Krankenhaus Besucher bin oder Patient oder Pfleger. Ob ich eine Situation als Erwachsener oder als Kind erlebe. Unser Gesichtsfeld, unsere Erfahrungen und unsere Kräfte sind von Natur aus eingeschränkt. Wir brauchen einen Blickwechsel für die Überwindung von Angst, für Gewissheit über unseren Weg und für eine Begegnung mit Gott.
Im Johannesevangelium wird Jesus von zwei Männern angesprochen, die diese neue Perspektive suchen. Thomas fragt: „Wie können wir den Weg wissen?“ und Philippus sagt: „Zeige uns den Vater.“ (Johannes 14,5.8). Beiden ist klar geworden, dass Sie ohne Orientierung und Hilfe von außen feststecken. Sie wollen etwas Greifbares. Etwas Sichtbares, Beweise und Belege. Sie suchen eine Gotteserfahrung, die jeden Zweifel ausschließt.
Die Antwort von Jesus ist radikal: „Wer mich sieht, sieht den Vater“ (Johannes 14,9). Jesus macht klar, dass der Blick auf ihn der wichtigste Blickwechsel unseres Lebens ist. Meistens schauen wir erst einmal auf uns selbst. Dann schauen wir auf die anderen Menschen um uns herum. Wir überlegen, welche Meinungen Sinn machen und welche Prinzipien funktionieren. Und irgendwann soll Gott uns natürlich auch helfen, wenn wir nicht mehr weiterwissen. Aber Jesus verändert alles. Er sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Johannes 14,6). Auf Jesus zu blicken bedeutet, ihm zu vertrauen und an ihn zu glauben. Unser Blickwechsel ist eine Lebenswende. Dieser Blickwechsel ist Gottes Plan für unser Leben und genau dafür ist Jesus Mensch geworden. Er bringt uns in die Verbindung mit Gott und sagt: „Wenn ihr mich erkannt habt, so werdet ihr auch meinen Vater erkennen“ (Joh. 14,7). Der Weg zu Gott ist eine Person.
Ist das nicht etwas zu simpel gedacht? „Schau auf Jesus und dann wird alles gut!?“. Die Jünger, die bei Jesus waren, wussten, dass er gut predigen kann, dass er einen wunderbaren Charakter hat und sogar zu Wundern fähig war. Aber es war ihnen noch nicht klar, dass die Verbindung mit Jesus ihnen eine für immer bleibende Beziehung zu Gott dem Vater gibt. Jesus sagt „ich lebe und ihr sollt auch leben“ (Joh. 14,19) und er bereitet seinen Nachfolgern Wohnungen in der ewigen Herrlichkeit vor. (Joh. 14,1-3). Und das ist dann tatsächlich eine völlig neue Perspektive. Angst verliert ihren Schrecken. Schuld verliert ihre Macht. Wir sind nicht mehr heimatlos und ziellos, sondern aufgenommen in die Gottesgemeinschaft.
Während seines gesamten Wirkens zeigte Jesus immer wieder das Wesen Gottes, des Vaters. Als er die Kranken heilte, zeigte er das Mitgefühl des Vaters. Als er Sünden vergab, offenbarte er die Barmherzigkeit des Vaters. Als er die Ausgestoßenen willkommen hieß, spiegelte er die Umarmung und des Vaters wider. Als er Ungerechtigkeit gegenüberstand, zeigte er die Gerechtigkeit des Vaters. In Jesus sehen wir Gottes Charakter in Aktion. Er ist nicht distanziert, unnahbar oder gleichgültig; er ist engagiert, liebevoll und gerecht. Wenn Du irgendwann Unsicherheit erlebst, wie Gott ist und ob er da ist, dann halte Dich an Jesus und schau auf ihn.
Wir können uns neue Blickwinkel verschaffen, wenn wir uns auf den Boden legen oder auf einen Stuhl steigen. Oder ein Auge zusammenkneifen. Plötzlich sieht die Welt ein klein wenig anders aus. Aber die Verbindung mit Jesus ist viel folgenreicher und tiefer als ein optischer oder gedanklicher Trick. Jesus sagt: „Wer an mich glaubt, wird die Werke auch tun, die ich tue … und was ihr bitten werdet ihn meinem Namen, das will ich tun.“ (Joh. 14,12-13). In Deinem Alltag kann Wahrheit und Liebe regieren. Vergebung kann Dich befreien. Sucht kann aufhören. Gottes Wort wirkt kraftvoll. Gebet wird erhört.
Der Worte von Jesus „wer mich sieht, sieht den Vater“ und „glaubt an Gott und glaubt an mich“ (Joh. 14,9.1) sind radikal und revolutionär. Sie bringen auf den Punkt, was uns in einer verrückten Welt Hoffnung gibt. Unter krassesten Bedingungen erleben Christen mit Blick auf Jesus inneren Frieden, Freude und Glaubensmut.
Der Apostel Thomas erlebte die verändernde Kraft des Glaubens. Während er in Johannes 14,5 noch fragt und in Johannes 20,25 noch zweifelt, findet er danach zum Glaubensbekenntnis „mein Herr und mein Gott!“ Seine Perspektive ändert sich, als er den auferstandenen Jesus mit Wunden und doch lebendig sieht. Danach verkündigte Thomas den Menschen im Irak und Iran erstmals das Evangelium – so die Berichte von Origines und der Didascalia – und kam bis nach Südindien, wo er missionierte und Gemeinden gründete, deren Nachfolger bis heute bestehen.
Ein „Blickwechsel“ kann ein Perspektivwechsel sein, aber ein „Blickwechsel“ ist auch eine Beziehung, nämlich „das „Wechseln von Blicken“. Jesus schaut uns an uns wir schauen zurück. Wir schauen ihn an und Jesus reagiert. Er ist lebendig und antwortet. Wir sind niemals mehr allein.