Barnabas – Sohn des Trostes

Besserwisser, Machtmenschen, Heuchler und Egomanen hat die Welt schon genug gesehen. Echte Freunde, großzügige Geber, Ermutiger und Tröster sind dagegen nicht so dicht gesät. Deshalb begeistert mich die Lebensgeschichte und das Vorbild von Barnabas aus dem Neuen Testament. Eigentlich heißt er Joseph, aber wird er wird von allen Barnabas genannt, denn das bedeutet „Sohn des Trostes“ oder „Tröster“ (Apg. 4,36). Barnabas war nicht nur ein sympathischer Typ, sondern er lebte mit starkem Glauben „erfüllt vom Heiligen Geist“ in Hingabe an Christus (Apg. 11,24). Damit ist auch schon das Geheimnis seines Lebens genannt: Weil es bei ihm innen stimmt – der Heilige Geist Gottes lebt in ihm – ist er auch nach außen ein echter Lichtblick und ein Segen für viele Menschen.

Aber der Reihe nach… In Apostelgeschichte 4, 34-36 wird Barnabas vorgestellt als ein jüdischer Levit aus Zypern, der in Jerusalem lebte und dort unter den ersten Christen war. Er hörte die Predigten von Petrus und den Aposteln über Jesus und nahm sie zu Herzen. Aus seinem Glauben an Jesus folgten direkt praktische Taten: Barnabas verkaufte seinen Acker und spendete das Geld, damit in der Jerusalemer Gemeinde jeder genug zu essen hatte und auch die Bedürftigen versorgt werden konnten. Barnabas ist großzügig, freigiebig und spendenbereit. Sein Glaube besteht nicht aus Lippenbekenntnissen sondern führt zur Tat. Er macht auch als Spender nicht „sein eigenes Ding“ sondern legt das Geld den Aposteln zu Füßen. Er ist loyal, fügt sich mit seinem Vermögen in die Gemeinschaft ein und dient der Gemeinde.

In Apostelgeschichte 11 wird Barnabas beschrieben als Botschafter der Apostel, als Brückenbauer zwischen den Kulturen, als Ermutiger und als gewissenhafter Lehrer des Evangeliums. In Antiochia, der drittgrößten Stadt des römischen Reiches, war eine schnell wachsende Gemeinde entstanden. Im Schmelztiegel der Großstadt fanden nicht nur Juden zu Christus, sondern auch Griechen. Würde das Evangelium sich über die jüdische Community hinaus ausbreiten und etablieren? Würde diese Gemeinde einen Sonderweg gehen oder mit den Jerusalemer Wurzeln des Glaubens in Verbindung bleiben? In dieser Schlüsselsituation der Kirchengeschichte ist Barnabas der geeignete Mann, um zu besuchen und zu vermitteln. Und vor allem, um über Jesus zu lehren. Sie sprachen so viel über Jesus, dass die Gläubigen in Antiochia zuerst „Christen“ genannt wurden (Apg. 11,26).

Als Barnabas nach Antiochia kam, fielen ihm bestimmte Dinge auf, die anders liefen als in Jerusalem. Seine Reaktion war nicht Kritik, sondern Freude, denn Barnabas erkannte, dass Gottes Gnade am Werk war. Sich an anderen und mit anderen zu freuen, klingt erst einmal nicht kompliziert, ist aber eine selten vorhandene Gabe. Das bewirkte der Heilige Geist in Barnabas und das kann er auch in uns bewirken. Ebenso bewirkt der Heilige Geist, dass wir Entwicklungen einschätzen und darin Gottes Wirken identifizieren können. Denn das ist die Schlüsselfrage für alles, was in unserem Leben und unserer Glaubensgemeinschaft passiert: Ist es von Gott inspiriert, gewollt und geleitet, dann soll es gefördert werden. Ist es menschlich und nicht von Gott, dann soll es korrigiert werden. Barnabas hatte die Gabe, das zu erkennen und zu unterscheiden.

Als Nächstes macht er Barnabas auf den 220km weiten Weg und holt Saulus aus Tarsus nach Antiochia. Er erkennt den Bedarf der Gemeinde und weiß um die Gaben des Saulus. Er ist ein Ermutiger und Förderer für Saulus, der noch keine wichtige Rolle unter den Aposteln hatte. Bis zu Kapitel 13 heißt die Reihenfolge „Barnabas und Saulus“ und ab Kapitel 15 wird Saulus zuerst genannt. Damit hat Barnabas kein Problem, denn er ist ein Ermutiger und Förderer. Dass Saulus später eine größere Wirksamkeit hat als er, stört ihn nicht, sondern er sieht es als Segen.

Am Ende legt die Gemeinde in Antiochia eine große Spende für die von einer Hungersnot bedrohten Christen in Jerusalem zusammen. Barnabas und Saulus bringen das Geld nach Jerusalem. Es ist kein Zufall, dass die Gemeinde, die ein Jahr lang von Barnabas mit Saulus gelehrt wurde, nun spendet. Barnabas war selbst ein großzügiger Geber. Seine Haltung und Mentalität finden sich nun auch in der Gemeinde Antiochia wieder.

Seine Berufung als Ermutiger ist Barnabas so wichtig, dass er beim Beginn der zweiten Missionsreise (Apg. 15, 36-41) Partei für den Versager Johannes Markus ergreift, der sie auf der ersten Missionsreise im Stich gelassen hatte. Er entscheidet sich für Johannes Markus und nimmt dafür sogar einen Streit und eine Trennung von Saulus in Kauf.

Natürlich war Barnabas kein perfekter Mensch. Das wird in Galater 2,13 deutlich, wo sogar Barnabas seine Prinzipien verleugnete. Aber sein Dienst war außergewöhnlich und inspiriert mich. Wenn wir beten: „Dein Reich komme, Dein Wille geschehe“, dann geht es am Ende nicht darum, was für mich selbst dabei herausschaut, sondern darum, wie Gottes Werk am besten getan werden kann und wie wir einander darin fördern und ermutigen können.

Jochen Riemer