In Wüstenzeiten Gott begegnen

Auf der Titelseite ist das Bild einer Oase. Ringsherum herrscht der Sand, doch am Wasser ist alles grün und belebt. Im Leben gibt es Wüstenzeiten und Oasen. Es gibt dürre Zeiten voller Traurigkeit und Sorgen und dann wieder Erfrischung und Ermutigung.

Im zweiten Buch Mose (Exodus) lesen wir von der Wüstenwanderung des Volkes Israel. Sie mussten auf dem Weg nach Kanaan Wüsten durchqueren und kannten alle Gemütszustände: Unsicherheit, Frustration und Wut bei den Durststrecken und dankbare Freude an den Wasserstellen. Am Ende war ihre Überlebensfrage nicht mehr, wo ihre Oasen lagen, sondern wer ihre Oase war. Ihre Wüstenwanderung wird zur Gotteserfahrung.

Beim Durchzug durch das Schilfmeer hatten sie Gott als Retter und Befreier erlebt. „Als sie merkten, mit welch großer Macht der HERR die Ägypter besiegt hatte, achteten sie den Herrn und vertrauten ihm und seinem Diener Mose“ (Ex. 14,31). Sie sangen Lieder für Gott, lobten und feierten ihn (Ex. 15). Dann brachen sie auf und steckten drei Tage später mitten in der Wüste. Drei Tage können kurz sein oder lang. Einerseits sind es nur 0,01 % unseres Lebens. Andererseits sind schon drei Tage ohne Wasser lebensbedrohlich. Ohne Essen kann man 1 Monat überleben, ohne Wasser nur 3 Tage, ohne Sauerstoff nur 5 Minuten. Unsere menschliche Existenz ist immer zerbrechlich und gefährdet. Ich kann mein Leben lang genug Flüssigkeit getrunken haben, es nützt mir nichts mehr, wenn drei Tage lang kein Wasser da ist. Wir tun alles, um uns maximale Sicherheit zu garantieren und sind geschockt, wenn es dann ganz anders kommt.

Die Stimmung bei den Israeliten kippt. Statt Loben und Feiern ist meckern und klagen angesagt. Ein Schuldiger wird gesucht: Mose. Und an Gott wird gezweifelt. Drei Tage reichen, um das Rettungswunder, den Durchzug durchs Meer, zu vergessen. Die Bibel hat 1300 Seiten, weil wir Menschen so vergesslich sind, was Gottes Liebe und helfende Kraft angeht. Einmal Wunder zu erleben reicht nicht, wir brauchen Gottes Nähe und das Vertrauen zu ihm an jedem einzelnen Tag.

Am dritten Tag erreichen die Israeliten endlich ein Wasserloch. Aber auf sie wartet eine riesige Enttäuschung: Das Wasser ist ungenießbar, es ist kein Trinkwasser. „Da kamen sie nach Mara; aber sie konnten das Wasser von Mara nicht trinken, denn es war sehr bitter. Daher nannte man den Ort Mara. Da murrte das Volk gegen Mose“ (Ex. 15,23-24).

Im Vergleich zu einem Nichtchristen ist es als Christ manchmal einfacher mit Krisen und Durststrecken umzugehen, weil wir ja Gott haben. Manchmal ist es allerdings auch schwerer, weil Gott so anders ist als wir. Weil ER anders handelt und Enttäuschungen nicht ausblieben. Irgendwie schien es logisch, dass dieses Wasserloch für Israel die Rettung ist, aber dann ist das Wasser bitter. Und das Volk lernt: Nicht dieser Ort ist Deine Rettung –  nicht diese Quelle oder jener Brunnen – sondern dieser Gott rettet Dich. Oft setzen wir Hoffnungen auf Ereignisse, auf Gegenstände, auf Menschen oder auf uns selbst und diese Hoffnungen tragen nicht. Wir bleiben abhängig von Gott.

Wüstenzeiten können Zeiten der Prüfung und Entscheidung sein. In der Not kann ich schimpfen oder ich kann vertrauen. In der Not kann ich mich verschließen oder mich für Gott öffnen.

„Mose schrie zu dem HERRN, und der HERR zeigte ihm ein Holz; das warf er ins Wasser, da wurde es süß (trinkbar)“ (Ex. 15,25).

Nach der Rettung vor der ägyptischen Armee folgt das Wasserwunder. Und dann lässt Gott Brot von Himmel regnen und Wasser aus Felsen kommen und Feinde weichen. Der Wüstenweg wird zu einem Glaubensweg. Die wichtigste Überlebenstechnik der Israeliten in der Wildnis ist nicht die astronomische Navigation oder das Brunnengraben sondern das Gottvertrauen. Dieses Vertrauen beginnt mit der Kenntnis Gottes und seines Willens. „Wenn du auf die Stimme des HERRN, deines Gottes, hörst und tust, was in seinen Augen recht ist, wenn du seinen Geboten gehorchst und auf alle seine Gesetze achtest, werde ich dir keine der Krankheiten schicken, die ich den Ägyptern geschickt habe. Denn ich bin der HERR, dein Arzt“ (Ex. 15,26).

So schnell wie nur möglich, würden wir die Wüste verlassen. Doch Gott führt sein Volk weiter hinein in die Wüste an den Berg Sinai, weil es für sie noch etwas Wichtigeres gibt als Wasser: Sein Wort. Seine Gebote und Gesetze. Sie helfen den Israeliten, Gott zu kennen und ihm zu vertrauen und die beständige Verbindung zu ihm als Retter, Versorger und Arzt zu halten.

Nach Mara kommt Elim: „Und sie kamen nach Elim; da waren zwölf Wasserquellen und siebzig Palmbäume. Und sie lagerten sich dort am Wasser“ (Ex. 15,27). Manchmal ist das Leben ganz einfach und ganz einfach schön. Während die Wasserstelle von Mara mit Prüfung und Flehen zu Gott verbunden ist, ist bei der Wasserstelle von Elim einfach Überfluss zum Genießen da. Am Ende wissen wir nicht, ob auf uns morgen Elim oder Mara oder Wüste wartet, aber immer wartet Gott.