Der Tod hat nicht das letzte Wort

In Hesekiel 37 lesen wir eine sonderbare, ja schon fast gruselige Geschichte.

Gott stellt Hesekiel, der zu dieser Zeit in der Verbannung in Babylon lebte, in einer Vision mitten auf ein großes Feld voller Skelette und Knochen. Wo er hinschaut, sieht er überall diese Totengebeine. Keine Ahnung, wie es ihm dabei zumute war. Angenehm empfand er es bestimmt nicht. Das sah wahrscheinlich wie auf einem Schlachtfeld aus, wo die Getöteten liegen gelassen wurden. Nur, dass die Toten schon verwest und nur noch die Knochen übrig waren. Diese Totengebeine standen für das Volk Israel. Nach der Zerstörung des Nordreiches und der Verbannung des Südreiches waren 10 der 12 Stämme so gut wie komplett ausgelöscht und die letzten beiden Stämme in Gefangenschaft im babylonischen Großreich. Nur einige Bauern durften in Israel zurückbleiben. Im Buch der Klagelieder bekommt man einen Eindruck, was die Juden damals empfanden:

Der HERR hat seinen Grimm austoben lassen, er hat seinen grimmigen Zorn ausgeschüttet; er hat in Zion ein Feuer angesteckt, das auch ihre Grundfesten verzehrt hat.

Klagelieder 4:11

Es war eine absolute Katastrophe fürs Volk Israel. Jegliche Hoffnung war zerstört. Sie verstanden die Welt nicht mehr. Vor allem – sie verstanden Gott nicht mehr. Wie konnte er das zulassen? Dass das Volk aus ihrem Land vertrieben wurde? Aus dem Land, das Gott ihnen doch gegeben hatte?
Und in diese Situation hinein zeigt Gott Hesekiel dieses Feld voller Knochen und Skelette. „Schau Hesekiel, das ist das ganze Haus Israel. Die, die jetzt sagen: Unsere Gebeine sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren, und es ist aus mit uns (V11)“. Was für eine Ernüchterung! Auf diesem Feld war die Hoffnung Israels begraben.
Doch Gott fordert Hesekiel heraus, zu diesen Totengebeinen zu sprechen, dass sie wieder lebendig werden sollen. Er soll weissagen, dass Gott seinen Odem diesen Toten geben wird und sie zu neuem Leben erweckt werden sollen (V6). Dass Gott die Gräber auftun wird und sein Volk herausholen und wieder zurück ins Land Israel bringen wird (V12). Sie sollen erkennen, dass Gott wirklich „der Jahwe“ ist, der „Gott-für-Euch“. Was für eine Aufforderung; solch eine Verheißung über dem Totenfeld – über Israel auszusprechen!
Nach so viel Elend endlich wieder ein Funken der Hoffnung. Gott hat das Volk nicht vergessen, er ist immer noch der „Ich-bin-für-Euch“- Gott. Der absolut treue Gott, auf den immer Verlass ist.

Gibt es in deinem Leben zurzeit auch ein Feld voller Totengebeine? Wo die Hoffnung unter einem Haufen von Knochen begraben liegt, wie damals bei den Israeliten? Fühlst du dich genauso von Gott verlassen wie die beiden übrigen Stämme?
Dann lasse dir von dieser Vision neuen Mut schenken. Wir haben einen Gott, der immer wieder seinen Lebensodem in das Tote, in das Hoffnungslose und in das vom Chaos bedrohten Leben hinein bläst. Wie er damals seinen Lebensatem bei der Schöpfung in den Menschen blies, so bläst er auch heute noch seinen Lebensatem in das Bedrohte. Auch heute noch will er uns aus „unseren Gräbern“ herausholen und uns zurück in das verheißene Leben stellen. Ganz egal, wie dunkel und hoffnungslos deine Situation dir erscheint. Und Gott tut das nicht, weil er es müsste, sondern weil er es will. Weil es seinem Wesen entspricht, uns aus der Not herauszurufen (siehe Psalm 50,15).

Ein letzter Gedanke finde ich interessant: Hesekiel wird von Gott aufgefordert, diese Verheißung über dem Totenfeld zu prophezeien. Er wird also in das Wunder miteinbezogen. Er soll den Sieg Gottes proklamierend ausrufen. Das setzt natürlich ein gewisses Maß an Glauben und Vertrauen voraus. Spannend fände ich darüber nachzudenken, was dieser Aspekt für uns heute bedeuten könnte. Ich glaube, es würde sich lohnen, denn letztlich geht es um niemanden anderes, als um den, bei dem wirkliches Leben zu finden ist!

Amen.